- 15. Jh. (1459-60 ca.); Pergament; mm 288 × 193; ff. I, 199, Ill. (9 verzierte Initialen).
- Udine, Seminario Arcivescovile, Biblioteca "P. Bertolla", Fondo Cernazai 421.
Die Handschrift, die raffinierte Verzierungen in antiquarischem Stil aufweist, wird der Schrift- und Malkunst des Paduaners Bartolomeo Sanvito (1435-1511) zugeschrieben, dessen Kunden neben den Gonzaga auch Marcantonio Morosini aus Venedig und der Patriarch von Aquileia Ludovico Trevisan waren.
Die aus dem 14. Jh. Stammende Übertragung in die Vulgärsprache von Titus Livius’ erster Dekade wurde 1323 in Andria in Apulien durch den Notar Filippo di Santa Croce nicht direkt aus dem Lateinischen, sondern mit Hilfe einer heute verloren gegangenen französischen Übersetzung vorgenommen und verbreitete sich schnell in der Toskana und in Venetien. Die englische Erforscherin des Humanismus und der Renaissance Albinia de la Mare (1932-2001) ordnete die Udineser Handschrift der Schrift- und Malkunst des Paduaners Bartolomeo Sanvito (1435-1511) zu, der zusammen mit dem Veroneser Felice Feliciano einer der Hauptverbreiter von „Büchern im antiken Stil“ war und sich durch die Verwendung raffinierter Verzierungen in antiquarischem Stil auszeichnete. Auch in der Udineser Handschrift ist ein geschicktes Wechselspiel von Schriftlinien in verschiedenen Farben und von farbigen Initialen zu Beginn der einzelnen Bücher der Dekade zu erkennen, die mit einer starken Hell-Dunkel-Wirkung und mit Rankenwerk verziert sind. Die Handschrift gelangte in die Bibliothek des Udineser Seminars dank des Nachlasses von Francesco Maria Cernazai (1802-1881) aus Udine, der dank der von seinem Vater Giuseppe Carlo und von seinem Bruder Pietro, beide Bibliophile, geerbten Bestände eine umfangreiche Sammlung besaß.