- 14. und 15. Jh. (1414, 1415, 1416); Papier; mm 297 × 220; ff. I, 210, I’.
- Treviso, Biblioteca Comunale, 156.
Ein Schulbuch, an dessen Verfassung gemäß einer damals weit verbreiteten Gepflogenheit auch immer mindestens ein Universitätsstudent beteiligt war, in diesem Fall der Friulaner Francesco Squarani da Venzone, der ‚Ars Notariae“ in Padua studierte.
Zur mittelalterlichen Schultradition vor – aber auch nach – dem Beginn der Studia Humanitatis und in gewisser Weise transversal im frühen und späten Mittelalter, gehörte die Lektüre der sogenannten Minores Auctores, eine Sammlung von Texten, deren Studium für Studenten vorgesehen war, die bereits die Grundlagen der Grammatik und der lateinischen Sprache beherrschten, deren curriculum studiorum aber noch nicht für die Lektüre der großen Klassiker, die auctores, ausreichte. Zu diesem Teil des Schulprogramms gehörte eine gewisse Anzahl von Werken – manchmal von anonymen oder nicht eindeutig bestimmbaren Autoren – mit einem ausreichend einfachen Latein und moralisierenden Inhalten, vorzugsweise in Versen verfasst, um sich besser ins Gedächtnis einzuprägen. Und dieses Manuskript der Gemeindebibliothek von Treviso, eine Handschriftensammlung, die verschiedene kodikologische Einheiten zusammenfasst, von denen zumindest einige wahrscheinlich eine gemeinsame Geschichte aufweisen, nimmt sicherlich Bezug auf dieses Schulprogramm. Der Einband dieses Manuskripts wurde vor ungefähr zwanzig Jahren unter Wiederverwertung der antiken Platten restauriert.
Ein echtes Kolophon befindet sich auf f. 124ra: «Explicit scriptum Prosperi M° CCCC° XIIII, die XII mensis octobris, scriptum per me Franciscum Squaranum de Venzono in domo egregii ac nobilis viri domini Dominici de Ponte de Venetiis decretorum doctoris, quem Deus custodiat». Der Friulaner Francesco Squarani aus Venzone befand sich, als er diese Texte kopierte, nach eigenen Angaben im Haus des Kanonisten Domenico da Ponte aus Venedig, d.h. aus Padua, wo dieser Anfang des 15. Jh. als Professor tätig war und wo Squarani Ars Notariae studierte. Squarani musste dann in seine Heimat zurückkehren, wo er ungefähr ein Jahrzehnt später den Beruf des Notars ausübte.