Der „Canoniciano miscellaneo Nr. 47“ aus Oxford ist eine autografische Handschrift des Autors in kleinbuchstabiger Kursivschrift mit gepflegten Schraffierungen und einem Anspruch an Eleganz. Das Werk ist ein Kompendium einer viel umfassenderen, aber verloren gegangenen, Abhandlung. Das Kolophon, fol. 219v, dokumentiert den Abschlusses der Arbeiten vonseiten des Arztes Giovanni Fontana am Sonntag den 29. Februar 1440 in Udine. Das Werk ist Domenico Bragadin, dem Nachfolger von Paolo della Pergola, Lektor für Mathematik an der ‚Scuola Grande di San Marco’ in Venedig, gewidmet. In ihm wird ein trigonometrisches Messgerät beschrieben, das als Prototyp des Sextanten angesehen werden kann: der ‚Trigonum balistarium’, d.h. ein Dreieck in Form einer Armbrust. Auf den Blättern 1-13r beschreibt der Autor die Konstruktion bis ins kleinste Detail und für jede einzelne Konstruktionsphase gibt es eine akkurate Zeichnung. Auf den darauf folgenden Blättern befinden sich durch Federzeichnungen ergänzte Demonstrationen der verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten des Geräts, das jedoch letztendlich hauptsächlich in der Seefahrt eingesetzt wurde. Abgesehen von der Genialität und der außergewöhnlichen Präzision überrascht die Terminologie mit der Linien, Intersektionspunkte, Winkelmessungen und mathematische Berechnungen beschrieben werden, welche Ausdrücke und Modalitäten des heutigen Gebrauchs enthalten; es ist auch merkwürdig, dass der Autor bis heute fast unbekannt geblieben ist, obwohl er zu einem so frühen Zeitpunkt bereits ein solch komplexes Thema behandelte und entwickelte.
Eine nicht integrale kritische Ausgabe (mit deutscher Übersetzung und ca. 175 farbigen Zeichnungen) herausgegeben von Horst Kranz:
De trigono balistario – Das Ballistendreieck. Technische Kapitel und ausgewählte Anwendungen. Texterstellung, Übersetzung und Zeichnungen, ed. Horst Kranz (s.l., 2021)
http://doi.org/10.5281/zenodo.4481359.